ENGINEERING SUMMIT 2015
Ein Teilnahmebericht der 1155PM consultants GmbH
14.12.2015. Die deutschen Maschinen- und Anlagenbauer sind für ihre hochqualitativen Erzeugnisse weltbekannt. Die politischen Spannungen mit Russland und der Wettbewerb aus Asien bzw. Nordamerika bereiten aber der Branche zunehmend Sorgen. Der vom Verband des Deutschen Maschinen- und Anlagenbau („VDMA“) zum am 01. und 02. Dezember 2015 in Mannheim zumvierten Mal durchgeführte Engineering Summit bot 300 Spitzenvertretern von Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus die Gelegenheit zur Bestandsanalyse.
Die zahlreichen Vorträge zeigten, dass die Branche trotz eines kontinuierlichen Wachstums den zunehmenden Wettbewerb vor allem aus China und Südkorea immer deutlicher wahrnimmt. Mehr noch: die Unternehmen arbeiten bereits an Strategien, die sie profitabler und effizienter produzieren lassen würden. Die Einführung flexibler und modularer Lösungen beim Anlagenbau scheint zu einem wichtigen Instrument im globalen Kampf um Marktanteile zu werden. Manche Maschinen- und Anlagenbauer setzen aber weiterhin auf die deutschen Tugenden und verweisen dabei auf die defizitär und unflexibel arbeitenden Unternehmen aus Asien. Einigkeit herrschte unter den Diskutanten, als es um das Thema Industrie 4.0 ging. Die Einführung neuer Technologien kann zu einer weiteren Differenzierung im globalen Wettstreit um beste Lösungen und Services beitragen.
Zur Sprache kamen auch die Personalentwicklung in Unternehmen sowie die Notwendigkeit leistungsfähigen Claim Managements. Beide Aspekte spielen aus Sicht vieler Referenten eine wichtige Rolle, um die Wettbewerbsfähigkeit auch in Zukunft sicherzustellen.
Nachstehend finden Sie unsere Zusammenfassungen der auf dem 4. Engineering Summit von den einzelnen Unternehmensvertretern gehaltenen Vorträge, wie sie das teilnehmende Team der 1155PM consultants GmbH wahrgenommen hat:
1. Trends und Entwicklungen im Industrieanlagenbau; Herr Dieter Rosenthal, Mitglied der Geschäftsführung, SMS group GmbH
Den Auftakt zu der auch in diesem Jahr sehr gelungenen Veranstaltung bildete Herrn Dieter Rosenthals Vortrag, in dessen Rahmen gegenwärtige und zukünftige Anforderungen an Unternehmen aus dem Industrieanlagenbau dargestellt wurden.
Im Fokus stand dabei nicht nur die Frage, inwiefern Anlagenbauer globalen Einflussfaktoren wie der steigenden Urbanisierung in Asien, dem Klimawandel und der Ressourcenverknappung sowie Veränderungen von sozialen und demographischen Bedingungen in Ihren Geschäftsmodellen Rechnung tragen müssen, sondern es wurden auch Möglichkeiten erörtert, wie sich Anlagenbauunternehmen durch verbesserte Kundenorientierung, flexiblere Produktgestaltung und größere Marktnähe gegen die einheimische Konkurrenz in China durchsetzen können.
2. Quo vadis Anlagenbau? Aktuelle Konjunkturentwicklung in einem herausfordernden Wettbewerbsumfeld; Herr Klaus Gottwald, Referent, VDMA Arbeitsgemeinschaft für Großanlagenbau
Die folgende, kurze Vorstellung der Ergebnisse einer vom VDMA durchgeführten Umfrage zur Konjunkturentwicklungen im Anlagen- und Großanlagenbau sowie branchenspezifischen Problemstellungen, insbesondere hinsichtlich starker Konkurrenz aus Fernost, ergab folgendes:
- Trotz der angespannten wirtschaftlichen Lage ist mit einem leichten Anstieg des Auftragseingangs in der Branche in 2016 zu rechnen.
- Die Märkte im Mittleren Osten, Südamerika und Südostasien bergen das größte Potential für das Engineering-Geschäft in 2016.
- Der Nachfrage aus China und aus West-/ Ost-Europa fehlt es noch an Schwung.
- Der Wettbewerbsdruck in der Industrie wird sich weiter intensivieren.
- Die Hauptwettbewerber für den deutschen Anlagenbau / Maschinenbau kommt aus China und Westeuropa.
- Die Internationalisierung der Industrie setzt sich fort; die meisten Unternehmen der Branche werden ihre globalen Anstrengungen hinsichtlich Engineering, Beschaffung und Vertrieb forcieren.
- Wie lässt sich Wettbewerbsfähigkeit erhöhen? „Best-cost-country-sourcing“, Verbesserung der Vorgehensweisen in der Angebotsphase, Ausweitung des Servicegeschäfts, Sicherstellung des Technologievorsprungs wurden als die wichtigsten Faktoren bezeichnet.
3. Was machen asiatische Wettbewerber anders bzw. was macht sie stark? Erfahrungen aus Kooperationen; Herr Dr. Hans Nicolaus Rindfleisch, Geschäftsführer, TÜV Süd Chemie Service GmbH
Einen hochinteressanten Vortrag über die Leistungsfähigkeit und Qualität von Anlagenbauunternehmen aus Asien (v.a. China, Japan, Südkorea), die in den letzten Jahren in immer stärkerem Wettbewerb zu westlichen Anlagenbauern standen, hat Herr Dr. Hans Rindfleisch von TÜV SÜD Chemie Service GmbH gehalten. Fazit: Europäische Anlagenbauer haben noch immer einen soliden Vorsprung im Engineering. Sie sind den asiatischen Mitbewerbern, die eine straffe Organisation und Kommunikation pflegen sowie Verantwortlichkeiten klar abgrenzen, im Bereich Construction, unterlegen.
4. Turbulenzen auf den Rohstoffmärkten - Konsequenzen für den Anlagenbau; Herr Ulf Herrlett, Vice President Innovation & Development, Air Liquide Global E&C Solutions Germany GmbH
In seinem Vortrag erläuterte Herr Ulf Herrlett, Vice President Innovation & Development, Air Liquide Global Service GmbH, erläuterte, welche Konsequenzen Turbulenzen auf den Rohstoffmärkten für Unternehmen des Anlagenbaus haben können und wie diese durch Diversifikation Ihres Produktportfolios, ihrer Standortpolitik und ihrer Zielgruppen mit erhöhter Volatilität und hochdynamischen Rohstoffmärkten umgehen können. Kernaussagen waren:
- Der Ölpreis wird nur schwach auf 80$ bis zum Jahr 2020 steigen.
- Chinas Wirtschaftswachstum wird von 6,8% im Jahr 2015 auf 6,5 % im Jahr 2016 sinken.
- Sind die guten Zeiten für US-amerikanisches Schiefergas vorbei?
- Upstream-Investitionen folgen dem Ölpreis. Viele Projekte sind auf die lange Bank geschoben worden oder wurden storniert.
- Eine grundsolide Wirtschaft wird benötigt, um nicht-ölbasierte Projekte voranzutreiben bei gleichzeitig existierendem Ölpreis an der Rentabilitätsgrenze.
- Je stärker Engineering-Firmen vom Öl-Geschäft abhängig sind, desto größer ist der Einfluss des reduzierten Ölpreises.
5. Internationale Personalakquisition: Wege, Chancen, Risiken; Herr Jan Christoph Schüler, Country HR Manager, ABB Deutschland AG
Herr Jan-Christoph Schüler von der ABB Group beleuchtete das Thema der verstärkten Internationalisierung aus der HR-Perspektive und gab dabei einerseits Einblicke in ABB-spezifische Strategien zur Auswahl und Bindung ausländischer Fachkräfte. Darüber hinaus erläuterte Herr Schüler andererseits auch Initiativen, die darauf abzielten, lokales Personal für internationale Standorte zu gewinnen. Er berichtete, dass ABB verstärkt Maßnahmen aufgesetzt, um Wissensverlust durch –auch demographisch bedingtes- Ausscheiden langjähriger Mitarbeiter vorzubeugen.
6. Verlagerung von F&E in den internationalen Raum - Schutz der Intellectual Property Rights, Herr Dr. Hannes Storch, Vice President Sulphuric Acid/Off-gas, Outotec GmbH & Co.KG
Einen Vortrag über ein brandaktuelles Thema hielt Herr Hannes Storch von Outotec, nämlich: Wie können Unternehmen ihr geistiges Eigentum vor dem Hintergrund der Internationalisierung von F&E schützen? Anhand von Fallstudien und Praxisbeispielen wurden hier verschiedene Lösungsansätze vorgestellt. Wesentliche Punkte waren:
- Forschung & Entwicklung sollte als der technologische Treiber für Wachstum betrachtet werden.
- Innovationen können nicht immer nur alleine vorangetrieben werden; Partnerschaften sind wichtig.
- Schutz von eigenentwickelter Technologie durch Black-box-Konzepte.
- Vertrauensaufbau durch stetige persönliche Kontakte mit Geschäftspartnern.
- Ein gut strukturierter und definierter R-D-Prozess ist Grundlage für den Schutz von Geistigem Eigentum.
7. Global Engineering: Den Planungsprozess weltweit effizient organisieren; Herr Carsten Pott, Global Head of Engineering, Siemens AG
In seinem Vortrag "How to organize the global Engineering process efficiently" zeigte Herr Carsten Pott von der Siemens AG, wie durch den Aufbau eines Standorts in Gurgaon (Indien) das Engineering erfolgreich internationalisiert wurde. Ein besonderer Anspruch war dabei, eine gleichberechtigte Engineering-Abteilung in Indien zu schaffen, die autonom einsatzfähig ist, dabei aber gewisse Kernkompetenzen in Deutschland zu behalten.
8. Internationalisierung der Wertschöpfung: Globalisierung-Strategien aus Sicht eines Mittelständlers; Herr Ulf Meusel-Böhm, Geschäftsführer, Coperion GmbH
Herr Ulf Meusel-Böhm von Coperion griff das Thema Internationalisierung/Globalisierung auf, diesmal allerdings aus Sicht eines mittelständischen Anlagenbauers. Ein Themenschwerpunkt war hierbei unter anderem die Verbesserung der Zusammenarbeit mit Kunden im internationalen Umfeld sowie die Optimierung der Prozesskette zur Abbildung globalisierter Strukturen.
9. Keynote: Strategische Wettbewerbsfaktoren; Herr Jens Michael Wegmann, Vorstandsvorsitzender, ThyssenKrupp Industrial Solutions AG
Als Keynote des zweiten Kongresstages stellte Herr Jens Michael Wegmann Strategien vor, wie sein Unternehmen, die ThyssenKrupp Industrial Solutions, als diversifizierter Technologiekonzern den Spagat zwischen hoher lokaler Präsenz mithin großer Kundennähe und einem effizienten, globalen Netzwerk, meistern kann. Zusammengefasst die Herausforderungen:
- Das Marktumfeld entwickelt sich stetig herausfordernder.
- Der Trend zu Greenfield-Projekten hält an.
- Kunden verlangen einen höheren Anteil an lokaler Wertschöpfung.
Zusammengefasst die Chancen:
- Das Eingehen von Partnerschaften mit großen EPC-Kontraktoren.
- Das Ausweiten von Bau- und Montagekapazitäten.
- Aufbau stärkerer Präsenz in den lokalen Märkten.
10. Neue Planungsstrukturen im Anlagenbau: Life Science vs. Chemieanlagenbau; Herr Dr. Jürgen Hinderer, Leiter Engineering, Bayer Technology Services GmbH; Herr Christian Wissel, Leiter Engineering, Covestro AG
Es folgte als zweiter Vortrag am Vormittag ein Beitrag von Herrn Dr. Jürgen Hinderer, (Bayer Technology Services) und Herrn Christian Wissel, in dem unternehmensinterne, strukturelle Änderungen erläutert wurden und der einen Überblick über die Zukunftsstrategien beider Unternehmen gab.
11. Durchlaufzeiten reduzieren: Ideen, Ansätze und Erfolgsbeispiele; Dr. Heiner Röhrl, CEO, Primetals Technologies Austria GmbH
Einen sehr interessanten Beitrag lieferte Herr Dr. Röhrl vom Unternehmen Primetals Technologies, indem er die Bedeutsamkeit der Anlagenbauzeit in den Fokus rückte. Es wurden Konzepte vorgestellt (z. B. Standardisierung und Modularisierung), durch welche die Bauzeit von Anlagen beträchtlich verringert werden konnte, was in Zeiten stagnierender Märkte und erhöhtem Wettbewerbs- und Kostendruck zu verbesserter Wettbewerbsfähigkeit führt. Herr Dr. Röhrl stellte anhand des Projektes „Tangshan Cold Mill Complex“ dar, dass es möglich ist, Projektlaufzeiten von sonst 24 Monaten auf 20 Monate zu verringern. Dies wurde erreicht durch:
- Verwendung standardisierte Module und Vorliegen einer eindeutigen Anforderungsdefinition beim Projektstart.
- Parallelisierung von Engineering-Prozessen und -Disziplinen.
- Vorfertigung von Komponenten und Testen dieser im Vorfeld.
- Den Einsatz eines optimierten Logistikkonzeptes.
12. Wie Anlagenbauer und Maschinenlieferanten in internationalen Projekten gemeinsam auftreten - der innovative Ansatz der Excellence united Alliance, Herr Markus Ströbel, Geschäftsführender Gesellschafter, Bausch + Ströbel GmbH
Im letzten Vortrag vor der Mittagspause berichtete Herr Markus Ströbel von der Bausch + Ströbel GmbH über Excellence United, einer strategischen Allianz, geschlossen von inhabergeführten Unternehmen, die sich auf die Herstellung von Maschinen und Anlagen für die Pharmaindustrie spezialisiert haben. Insbesondere die Bedeutung einer guten, unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit und eines vertrauensvollen Verhältnissen zwischen den Allianzmitgliedern wurde hervorgehoben. Dies ermöglicht auch Mittelständlern auf dem internationalen Markt zu bestehen und Synergie-Effekte in Projektmanagement, Vertrieb und Marketing zu nutzen.
13. Industrie 4.0 im Anlagenbau - Revolution oder Evolution? Herr Thomas Waldmann, Geschäftsführer, VDMA Arbeitsgemeinschaft Großanlagenbau; Thorsten Helmich, Geschäftsführer, maexpartners GmbH
Die Auswirkungen von Industrie 4.0 auf Unternehmen des Anlagenbaus erläuterten Herr Thomas Waldmann von der VDMA Arbeitsgemeinschaft Großanlagenbau und Herr Thorsten Helmich von maexpartners. Hier wurde insbesondere analysiert welche Erwartungen mit Industrie 4.0 verbunden werden, aber auch welche Herausforderungen Anlagenbauunternehmen im Rahmen von Industrie 4.0 künftig bewältigen werden müssen.
14. Big Data - Zukünftige Potenziale für den Anlagenbau; Herr Jörg Breuer, Head of Engineering, Technip Germany GmbH
Passend zum Themenkreis Industrie 4.0 thematisierte Herr Jörg Breuer (Technip Germany GmbH) die Potenziale von Big Data für den Anlagenbau. Von besonderem Interesse sind dabei die Folgen auf EPC-Anlagenbauprojekte und wie Big Data einen Beitrag leisten kann, Projektlaufzeiten und -kosten zu verringern, Aufgaben und Arbeiten zu überwachen, Informationen bedarfsgerecht bereitzustellen und eine insgesamt höhere Qualität der Projektabwicklung zu erreichen.
15. Ausblick: Schnellere, sichere und bessere Projektabwicklung mit datenzentrierten Abwicklungsprozessen; Herr Clemens Pulles, Manager Capital Projects IM/IT Business Improvement, Shell Global Solutions International BV
Den Abschluss der Veranstaltung bildete ein englischsprachiger Vortrag von Herrn Clemens Pulles, von Shell Global Solutions International BV. Herr Pulles setzte dabei schlüssig auseinander, wie datenzentrierte Abwicklungsprozesse zu einer schnellen, sicheren und besseren Projektabwicklung beitragen können.
Fazit
Beim 4. Engineering Summit kamen zum Teil unterschiedliche Vorstellungen von der künftigen Entwicklung des Maschinen- und Anlagenbaus zum Vorschein. Die Präsenz der Unternehmensspitzen demonstrierte einmal mehr die Bedeutung dieser Tagung. Die 11:55 PM consultants GmbH freut sich auf den kommenden Engineering Summit im Sommer 2017.
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